Maria

Maria
   die Mutter Jesu Christi.
   1. Biblisch. M. nimmt in allen vier Evangelien eine bedeutende Stelle ein (ihr Name dort mit der einen Ausnahme ”Maria“ Lk 2, 19 immer ”Mariam“, wohl ursprünglich Mirjam), mit Namen genannt oder auch ”seine (deine) Mutter“, die ”Jungfrau“, die ”Frau“ des Josef. Bei Mk gehört sie zu den Verwandten Jesu, die ihn wegen seines öffentlichen Verhaltens für geistig gestört halten u. Anstoß daran nehmen (Mk , 20 f. 31–35; 6,1–6). Das Mt bezeugt eindeutig die Jungfrauengeburt, doch tritt M. in der Kindheitserzählung hinter die Aktivität Josefs zurück. Im Lk gilt die Aufmerksamkeit der spirituellen Größe Marias, angefangen mit dem aus atl. Texten komponierten Magnificat (Lk 1, 25–56) über die mit aller Gnade Erfüllte, die Jungfrau, Mutter des Sohnes Gottes, die glaubende u. gehorchende Magd des Herrn, deren Seele ein ”Schwert“ durchdringen wird, bis hin zur Braut des Hl. Geistes. Im Joh tritt M. bei der Hochzeit von Kana als diejenige hervor, die zum gehorsamen Hören auf Jesus auffordert, u. beim Kreuz als diejenige, die dem ”Lieblingsjünger “ in besondere Obhut gegeben wird. Außer bei Mk sind viele Ansätze für eine theol. Reflexion u. für eine Verehrung Marias (nicht Anbetung, sondern Seligpreisung: Lk 1, 48) gegeben. Nach Apg 1, 14 gehört M. zum innersten Kreis der Urgemeinde in Jerusalem. Paulus erwähnt die Geburt Jesu ”aus einer Frau“ (Gal 4, 4). Offb 12 spricht von einer mit der Sonne bekleideten symbolischen Frauengestalt, die in der christlichen Tradition auf M. gedeutet wurde.
   2. Dogmengeschichte. Im Lauf der Geschichte entstanden vier auf M. bezogene Dogmen, die aus zwei Grundgestalten theologischer Interessen hervorgingen. Die erste Epoche wandte ihre Aufmerksamkeit M. aus christologischen Gründen zu; das Bekenntnis zur wahren Gottheit Jesu Christi wurde auch durch die Aussage von der Gottesmutterschaft Marias (Konzil von Ephesos 431) u. durch die Beteuerung ihrer ”immerwährenden Jungfräulichkeit“ (II. Konzil von Konstantinopel 553) ausgesprochen. Nachdem sich aber schon von früh an das Interesse auch auf die persönliche Mitwirkung Marias bei der Inkarnation u. auf ihre Bedeutung für die Heilsgeschichte gerichtet hatte (Justin † um 165: ”neue Eva“), die Marienverehrung ungemein anwuchs u. sich in der westlichen Kirche eine eigenständige Mariologie entwickelt hatte, entstanden aus diesen Zusammenhängen die Dogmen von der Unbefleckten Empfängnis (Pius IX. 1854) u. von der Aufnahme Marias in den Himmel (Pius XII. 1950).
   3. Nichtkath. Auffassungen. Im kirchlichen Osten entstand eine bis heute überaus große Marienverehrung, die zugleich vom Nachdenken über die Gottheit Jesu Christi wie vom Interesse an der Biographie Marias gespeist wurde. In der ersten Hinsicht ist das Dogma von der Gottesmutterschaft von 431 zu sehen, das in der ostkirchlichen Orthodoxie als einziges Dogma über M. gilt. Ikonen bilden M. als Symbol der Kirche mit Jesus Christus in der Mitte ab. In der zweiten Hinsicht fand das apokryphe ”Protoevangelium des Jakobus“ aus dem 2. Jh. mit biographischen Einzelheiten u. dem detaillierten Bericht über die immerwährende Jungfräulichkeit Marias große Aufmerksamkeit. Ein Unterschied zum röm.-kath. Verständnis besteht darin, daß in der ostkirchlichen Orthodoxie M. zur (erb)sündigen Menschheit gehört. Die Aufnahme der Seele Marias durch ihren Sohn wird als ”koimesis“ (”Entschlafung“) am 15. August festlich begangen. Während die Reformatoren an den dogmatischen Aussagen der alten Kirche festhielten u. nur die theol. Spekulationen u. die ausgeprägte kath. Marienverehrung ablehnten, trat im späteren ev. Christentum M. immer stärker in den Hintergrund, da die Aufmerksamkeit für die MitwirkungMarias beim Heilsgeschehen als Verdunkelung des einzigartigen Wirkens Jesu u. als Verletzung des Sola-Scriptura -Prinzips galt. Die ”Jungfrauengeburt“ gilt der ev. Exegese eher als Mythos. In bestimmten ev. Kreisen blieb jedoch das Marienlob M. Luthers immer lebendig.
   4. Marienverehrung, Inhalte der Mariologie. Die Verehrung Marias gründet in der ntl. Seligpreisung (die Zusage an die Gnadenvolle gilt als Aussage ihrer Sündlosigkeit) u. in ihrem Glaubensgehorsam, in dem sie immer wieder den Glaubenden als Vorbild dargestellt wird. Fester Bestandteil ist der Glaube an ihre Rolle als Fürsprecherin bei Gott u. bei ihrem Sohn, in dem sie oft als Barmherzige die göttliche Gerechtigkeit überwinde. In der stark emotionalisierten Volksfrömmigkeit knüpfte die Marienverehrung mit Sicherheit häufig an den Kult der Großen Mutter (hl. Orte u. Quellen, Wallfahrten) an. Trost u. Gewißheit suchen viele Christen im Glauben an Marienerscheinungen (Erscheinungen). Intensives Mitgefühl erweckten Gedanken an das Schwert in ihrem Herzen u. an den toten Sohn in ihrem Schoß (Pietà). Gestalt u. Schicksal Marias bilden wesentliche, symbolreiche Themen der christlichen u. nichtchristlichen Kunst u. Literatur bis zur Gegenwart, z.T. als Ausdruck der Volksfrömmigkeit, z.T. diese wiederum inspirierend. – Die Theologie der östlichen Kirchen äußert sich zu M. vor allem in einer doxologischen Hymnographie. Im Westen ist die Zeit vom 5. bis 12. Jh. von Gedanken über M. als Urbild der Kirche (bei Augustinus auch: Mutter der Glieder des ekklesialen Leibes Jesu Christi) geprägt. In der Hochscholastik wird über M. im Rahmen der Christologie gesprochen. Vom 17. bis 19. Jh. werden mit Hilfe theol. Konklusionen immer mehr ”Herrlichkeiten“ u. Privilegien Marias spekulativ erschlossen (”nie genug von M.“; ”was Gott für M. geziemte, das hat er auch verwirklicht“). M. wird als Urbild der reinen, idealen Frau im Kontrast zu Eva vorgestellt; sie gilt als Siegerin über die Häresien u. als mächtige Schutzpatronin. Der Widerstand gegen frommen Überschwang u. die ökumenische Besinnung führten in der 2. Hälfte des 20. Jh. zu einer immer stärkeren Zurückhaltung in der theol. Beschäftigung mit M. u. z.T. auch in der Marienverehrung. Im II. Vaticanum äußerte sich das auch in der Abstimmung, ob M. ein eigener Lehrtext gewidmet oder ihre Bedeutung in der Geschichte Gottes mit der Menschheit im Rahmen der Aussagen über die Kirche dargestellt werden solle. Die Entscheidung fiel zugunsten der zweiten Möglichkeit (LG 5269 ). In der Feministischen Theologie finden sich positive Zugänge zu M. als Mythos des weiblichen Göttlichen, der zur Ganzwerdung der Menschen beitrage, oder, unter besonderer Beachtung des Magnificat, zu ihr als starker, befreiender, selber freier (Jungfräulichkeit) u. mütterlicher Frau, oder im Zeichen einer kritischen Exegese als Schwester im Glauben (so auch ev. Theologinnen).

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

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